Mittwoch, 14. November 2007

Die ersten Uni-Tage

Nun bin ich schon fast zwei Wochen an der Uni und es waren bereits 8 Tage voller Arbeit. Doch zunächst von Anfang an…
Vorletzten Freitag hatte ich meinen ersten Tag – um neun sollte ich bei Evelin, meinem Supervisor, im Büro sein. War ziemlich aufgeregt, als ich das Medical Science Gebäude betrat. Mein erster Eindruck: Boah, ist das modern hier!
Natürlich war ich überpünktlich, kurz vor neun stand ich in Evelins Tür und wurde gleich richtig nett in Empfang genommen. Ich merkte sofort, dass ich mit ihr einen super Fang gemacht hatte als Betreuerin – total nett und aufgeschlossen. Das sind wirklich alle hier, wie ich schon bald merken sollte. Schnell den Rucksack abgestellt und schon bekam ich eine Führung durch die „School of Pharmacy“. Ich wurde auf diesem Weg bestimmt 15 Leuten vorgestellt, dessen Namen ich mir alle merken sollte! Oh je, nicht einfach, aber mittlerweile hab ich sie drauf. Ich war erstaunt, wie neugierig alle auf mich reagierten – ganz anders als in Deutschland, wo man sich eher vorsichtig an jemand Neues rantastet. Wurde regelrecht mit Fragen bombardiert, was auch die nächsten zwei Tage noch anhielt. Hatte von Anfang an das Gefühl, hier gut aufgehoben zu sein. Nach einer halben Stunde hatte ich dann alles gesehen und war noch mehr beeindruckt als beim Betreten des Gebäudes: Super moderne Ausstattung – ideal zur Umsetzung meines Diplomthemas.
Mit dem sollte ich auch flugs am gleichen Tag beginnen. Dabei dachte ich, ich würde nur ein paar Formulare unterschreiben, doch damit habe ich weit gefehlt. Sofort wurde ich in die Pflicht genommen, was aber weniger schlimm war, als man jetzt den Eindruck haben könnte. Im Gegenteil, ich fand es klasse!!! Nach dem Begutachten der Geräte war ich nahezu heiß auf die Arbeit. So verbrachte ich meinen ersten Tag mit dem Herstellen der Medien für meine kleinen Freunde, den Bakterien Helicobacter pylori und Campylobacter jejuni (wird den meisten sicher nichts sagen, deshalb dazu später mehr!). Schließlich sollten sie in den nächsten Tagen wachsen und gedeihen und es so richtig gut haben bei mir. Nach dem Ausgießen der Agarplatten und dem Ausstreichen der Bakterien (das ist genau so, wie man es immer im Fernsehen sieht, wenn es um bakterielle Untersuchungen geht – diese kleinen runden flachen Schalen und dann die ekligen Zick-Zacke mit den wuchernden Bakterien drauf!). Dann ab damit in den Incubator bei kuschligen 37°C. Natürlich sollten sie sich wie zu Hause fühlen. Das ist eigentlich der Verdauungstrakt des Menschen. Die kleinen Biester sorgen u.a. für Sodbrennen, Magen- und Darmgeschwüre, Karzinome und Durchfälle. Bisher kann man sie nur mit einer sogenannten Tripple-Therapie wirkungsvoll bekämpfen, bestehend aus zwei Antibiotika und einem anderen Medikament, das die Salzsäureproduktion des Magens unterdrückt. Dadurch wird der pH-Wert angehoben und Helicobacter pylori können nicht mehr wachsen – ne feine Sache, aber sehr umständlich und zu viel Medizin auf einmal und damit belastend für den Körper. Demnach ist es nun meine Aufgabe, einen winzigen Beitrag dazu zu steuern, etwas auf pflanzlicher Ebene zu finden – ziemlich spannend. Später werde ich dann noch die durch die Bakterien verursachten Karzinome „bearbeiten“! Doch allzu viel darf ich ja auch nicht verraten aus Datenschutz-Gründen. Würde auch ein bisschen zu weit gehen, wenn ich das jetzt hier alles hoch wissenschaftlich erkläre. Deshalb belasse ich es vorerst bei dieser kurzen Zusammenfassung meiner Arbeit.
Verliere lieber noch ein paar Worte zu den vielen netten Leuten an der Uni. Da wäre zunächst Razina aus Bangladesch, die ich als erste von allen kennen lernte. Niedlich trifft es am meisten, denn sie ist nicht nur klein und zart (ja, es gibt noch kleinere Personen als mich und zartere sowieso J!), sondern auch äußerst lieb in ihrer Art. Richtig herzlich – sie bedankt sich für alles, selbst wenn sie einem hilft. Dass es so was heute noch gibt. Dann ist da noch Sheik, ihr Mann, der schon länger an der Uni ist. Razina selbst ist erst vor zwei Monaten nachgekommen. Die beiden sind wirklich ein süßes Paar, necken sich den ganzen Tag und sind immer fröhlich! Ich glaube, die kennen keine schlechte Laune! Razina ist zudem eine ausgezeichnete Köchin – die beiden haben jeden Tag ihre Schachtel voll mit leckerem Essen mit, da riecht der ganze Flur nach! Ab und zu versorgen sie auch andere Kollegen mit ihren Köstlichkeiten. Dann ist da noch Madhu, eine Inderin – ebenfalls total nett und aufgeschlossen. Es ist schon krass, die unterschiedlichen Kulturen zu erleben. Hatten u.a. schon Gespräche über die verschiedenen Religionen. Während Sheik und Razina an den Islam glauben, ist Madhu Hinduistin durch und durch. So hat sie noch nie in ihrem Leben ein Stück Fleisch angerührt. Hatten heute passenderweise das Thema Schlachten: Sheik war hochinteressiert daran, nach welchem Ritual wir das jedes Jahr bei Henning auf dem Hof vornehmen. Als Madhu dann meinte, dass sie das erste Mal rohes Fleisch gesehen hat, als sie vor drei Jahren nach Australien kam, musste ich ein wenig schmunzeln. Trotzdem hat sie überhaupt kein Problem damit, wenn wir neben ihr sitzen und unsere Wurststullen mampfen. Ist schon irgendwie lustig, wie hier die Welten aufeinanderprallen und man gerade an solchen Kleinigkeiten merkt, dass so was völlig egal ist, um sich zu verstehen. So große Toleranz wie hier habe ich mein ganzes Leben noch nicht erlebt. Nun ja, nun komme ich ja auch aus einer Provinzstadt, mag ja in den Großstädten anders sein, obwohl ich nicht glaube, dass man bei uns an der Supermarktkasse einen stark Dunkelhäutigen sehen würde, so wie es hier Gang und Gebe ist. Nicht, dass man ihn nicht einstellen würde, da spielt eher die Angst vor Übergriffen eine Rolle. So etwas gibt es hier nicht. Hier ist alles friedlich multi-kulti.
Einen Beitrag an unserer Uni dazu leistet auch Silja aus Norwegen. Sie ist seit 5 Jahren in Australien und will gar nicht mehr weg. Erstaunlich – angeblich sollen die meisten internationalen Studenten aus Norwegen kommen. Habe ich schon mehrfach gehört. Ob man dem wirklich Glauben schenken kann, das bezweifle ich noch ein wenig, denn rein optisch sticht hier ganz klar die asiatische Fraktion hervor. Nun ja, die fallen mir sicher auch eher auf als Norweger, die doch sehr in ihrem europäischen Schlag nach den Australien kommen wie wir Deutschen auch. Apropros: Deutsche gibt es hier auch wie Sand am Meer! Nahezu überall, wo man hinkommt, hört man deutsch. Fast schon ein bisschen wie zu Hause! Natürlich haben wir aber nicht nur Ausländer an der Uni. Es gibt, wer hätte das nach dem langen Vorgeplänkel gedacht, auch jede Menge Australier, mit denen ich zusammen arbeite, die da u.a. wären Amanda und Tanya. Wir sitzen alle in einem Büro – schon lustig mit den vielen bunten Akzenten. Die Verständigung bereitet dennoch keine Schwierigkeiten, notfalls gibt es Hand und Fuß! Waschechte Australierin ist auch unsere School Secretary, Julie – eine Seele von Herz, immer zur Stelle, immer freundlich! Auch die Profs sind hier sehr locker. Alle Studenten reden sie mit Vornamen an und die meisten von ihnen haben sich mir zuerst vorgestellt, wie zum Beispiel Heidi, die mich gleich mit Schokokeksen begrüßte. Ja, schon nach den ersten Tagen habe ich mich richtig eingelebt hier – das war aber auch nicht schwer. Mir kommt es beinahe so vor, als sei ich schon einige Monate hier, kein bisschen mehr fremd. Ich freue mich wirklich auf die kommenden Monate, denn der Anfang ist gemacht und er war viel einfacher, als ich es vorher gedacht habe!

Uni

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